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Austausch-Karussell: Smarte Politik durch smarte Partizipation

  • Praxisbeispiel | Umsetzung
erstellt: 14.09.19 / aktualisiert: 31.01.22

Macht "smarte" – oder anders gesagte digitale – Partizipation unsere Politik smarter? Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, haben das Stadtmagazin Tsüri.ch und der Verein Nextzürich ein Austausch-Karussell veranstaltet. In diesem Umsetzungsbeispiel wird ihre Herangehensweise beschrieben.

Auf einen Blick

Was: Ein Austausch-Karussell zum Thema smarte Partizipation.
Wer:
Das Zürcher Stadtmagazin Tsüri.ch und der Verein Nextzürich
Wann:
4. Juli 2018
Wo:
ZAZ-Bellerive, Zürich

Kontext

Im Rahmen des Aktionsmonats "Fokus Smart City" hat sich 2018 der Verein Nextzürich zusammen mit dem Stadtmagazin Tsüri.ch dem Thema der smarten Stadt angenommen und es im Bezug auf die Stadt Zürich erörtert.

impressionen | CC BY ND 4.0 Tsüri.ch / Laura Kaufmann1/7

Ausgangslage

Seit Aufkommen des Internets wurde dieses oft als die grosse Chance für eine demokratischere Welt bezeichnet: dezentrale Systeme, gleichberechtigter globaler Austausch von Information und Wissen, solidarische Vernetzung unkommerzieller Interessen etc.

Von diesen Potenzialen des Internets war im Jahr 2018 nicht mehr viel zu spüren. Zu sehr haben kommerzielle Interessen das Internet in ihrer Logik okkupiert. Mitbestimmungsmöglichkeiten und digitale Selbstbestimmung wurden minimiert. Stattdessen dominierten Phänomene wie Filter Bubble, Fake News, Datenschutzprobleme oder politische Wahlbeeinflussung durch Big Data.

Ausserdem begann ebendiese Logik die Kontrolle über unsere Städte, kollektiven Infrastrukturen und öffentlichen Räume zu übernehmen – begleitet vom harmlos klingenden Schlagwort "Smart City".

Ziel

Mithilfe eines Austausch-Karussells sollen Ausnahmen gesucht und gestärkt werden, die Chancen ausgeleuchtet und genutzt werden. Folgende Ziele wurden dafür formuliert:

  • eine Diskussion unter engagierten Teilnehmer*innen anstossen
  • der Frage nachgehen, ob und wie Digitalisierung zu einer höheren politischen Beteiligung führen kann
  • Ideen und Projekte rund um smarte Partizipation/Politik kennenlernen
  • Projekte im Gespräch und durch das Feedback der Tischrunden weiterentwickeln

Herangehensweise

Beweglich

Wie bei einem Karussell üblich, wurden erst alle Teilnehmenden begrüsst und die Methode erklärt. Im nächsten Schritt durften alle im Plenum eine Idee / ein Projekt / ein Diskussionsthema vorstellen ("pitchen"). Wenn genügend Teilnehmende daran interessiert waren, konnten sie einen Austausch-Tisch dazu eröffnen. Anschliessend wurde an diesen Tischen parallel präsentiert und diskutiert. Wer nicht selbst einen Tisch moderierte, durfte aber auch jederzeit den Tisch wechseln, bei unterschiedlichen Diskussionen reinhören und sich einmischen. Zum Schluss wurden die Erkenntnisse oder Ergebnisse jedes Tisches nochmals im Plenum zusammengefasst.

Gezielt aber offen

Ein Karussell ist schwer planbar und enorm abhängig vom Publikum. Um sicherzustellen, dass gewisse zentrale Themen aufgegriffen und diskutiert werden, wurden gezielt Projekte eingeladen, die sich mit smarter Partizipation und deren Potentiale für die Demokratie beschäftigen. Darunter das Staatslabor, Crossiety, Nextzürich und Thinkpact Zukunft. Sie wurden gebeten, sich vorzustellen und je einen Austausch-Tisch vorzuschlagen – und zu eröffnen, falls bei den restlichen Teilnehmenden genug Interesse bestand. Das Karussell war aber explizit auch offen für neue, ergänzende oder überraschende Themen und Tische.

Auf Augenhöhe

Durch die Beweglichkeit und Offenheit des Formats entstanden kaum Hierarchien zwischen Referent*innen und Rezipient*innen. Zwar stellte pro Tisch jeweils eine Person ein Thema oder Projekt kurz vor, aber kurze Zeit später wurde gleichberechtigt diskutiert.

was wurde erreicht?

Das Ziel, positive Aspekte einer Smart City herauszuschälen und diese gemeinsam zu diskutieren und weiterzuentwickeln, wurde erreicht. Als Chancen und Potentiale im Kontext der Smart City wurden im Karussell insbesondere folgende Ansätze diskutiert:

  • Die Möglichkeiten von E-Partizipation und die Frage danach, inwiefern Inputs aus der Bevölkerung einen konstruktiven Beitrag leisten und den städtischen und staatlichen Verwaltungsapparat smarter machen können. (Staatslabor)
  • Die Potenziale einer kollaborativen Wirtschaft, die durch gute Vernetzung und zugängliches Open Source Wissen weiter gestärkt werden können. (Thinkpact Zukunft)
  • Breite Partizipation bei der Entwicklung unserer Städte, beispielsweise dank einer offenen Online-Ideenplattform und einem Umsetzungsbudget, welches von der Bevölkerung auf die beliebtesten Ideen verteilt werden kann. (Stichwort: Participatory Budgeting, Nextzürich)
  • Gestärkter lokaler Zusammenhalt und lokales Engagement dank einem digitalen Dorfplatz (Crossiety)


>> Ihr wollt noch mehr dazu wissen? Ausführlicher könnt ihr dies in der Berichterstattung von Tsüri.ch nachlesen.

Erkenntnisse

Das Karussell ist eine Grossgruppen-Methode für ein bereits interessiertes, engagiertes Publikum. Für komplette Laien und Neulinge ist der Einstieg in ein solch interaktives Format hingegen eher schwer.

Jedoch nicht unmöglich: Wenn man in einem Thema oder in einer Gruppe neu ist, kann man erst mal zuhören und sich bedeckt halten, bevor man sich aktiv einbringt. Damit sich alle wohlfühlen, empfiehlt es sich dies bereits bei der Einladung oder spätestens bei der Erklärungsrunde zu erwähnen.

>> Hinweis: Weitere Erkenntnisse sowie eine Schritt für Schritt Anleitung für die Organisation eines eigenen Karussells findet ihr in unserem How-to | Selber ein Kollab-Karussell organisieren.

Highlights

Da fast ausnahmslos ein sehr interessiertes "Fachpublikum" zum Karussell kam, fanden an den Tischen Diskussionen auf sehr hohem Niveau und auf Augenhöhe mit den Input-Geber*innen statt.

Die Diskussionen an den Tischen waren sehr lebhaft und engagiert, so dass die eingeladenen Projekte mit guten, hilfreichen Fragen und Impulsen wieder nach Hause gingen. Gleichzeitig erhielten die restlichen Teilnehmenden ein breites Spektrum an neuen Ideen und Herangehensweisen, die kein bedrohliches, sondern ein hoffnungsvolles Szenario einer "Smart City" aufzeigen.

Hürden

Obwohl dies möglich gewesen wäre, hat niemand einen Tisch eröffnet, der*die nicht gezielt dafür eingeladen gewesen war. Was könnte man entsprechend anders machen? Damit solche nicht-geplanten, überraschenden Inputs und Tische möglich werden, müsste wohl noch deutlicher und noch einladender kommuniziert werden. Am besten vermutlich schon im Vorfeld, damit man sich vorbereiten kann.

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Fotos:
CC BY ND 4.0 | Tsüri.ch / Laura Kaufmann

Zitiervorschlag:
"Dieses Equipment ist unter CC BY-SA 4.0 lizenziert. Es stammt von der Urban Equipe. Der Originaltext bzw. die Originalversion befindet sich hier [Link einfügen].”

Kontaktlinks:
Tsüri.ch | Nextzürich

>> Wir haben diese Umsetzung lediglich beobachtet und im Gespräch mit unseren Komplizinnen Nextzürich und Tsüri.ch als inspirierendes Beispiel dokumentiert, jedoch nicht in der Entwicklung mitgewirkt. Für weiterführende Informationen empfehlen wir euch direkten Kontakt mit den Entwickler*innen des Formates aufzunehmen.

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