«Brings uf d’Strass!» im Jahr 2023
Wie entwickeln sich die Stadträume in Zürich weiter? Wie beeinflussen veränderte Mobilitäts-Bedürfnisse und klimatische Anforderungen die Nutzungen der Strassenräume? Mit dem Pilotprojekt «Brings uf d'Strass!» gestaltete das Tiefbauamt während drei Jahren sechs Quartierstrassen temporär zu vielseitig nutzbaren Freiräumen um. Auf den Strassen wurde gespielt, geschreinert, gegärtnert und grilliert – oder auch einfach die Ruhe genossen. Das Tiefbauamt der Stadt Zürich erprobte Möglichkeiten, zusätzliche Räume für Quartiernutzungen im nahen Wohnumfeld zu schaffen. In der dritten und letzten Durchführung 2023 waren wir als Teil der ARGE «Urban Equipe und Bau Teilen GmbH» für die Prozessbegleitung, Kommunikation, Partizipation und die redaktionelle Erarbeitung des Schlussberichts beauftragt. Die Umsetzung fand in der Cramerstrasse sowie einem Teil der Gartenhofstrasse statt.
> Auftraggeberin
> Kompliz*innen
Für dieses Projekt spannten wir zusammen mit Bau-Teilen GmbH
> Weitere Auftragnehmende in diesem Durchführungsjahr
u.a. Synergo, verkehrsteiner AG
> Ausgangslage: Einstieg in einen längeren Prozess
Die Durchführung im Jahr 2023 hatte eine längere Vorgeschichte. Um das Gebiet Ankerstrasse lief nämlich seit 2021 ein Dialog zwischen Stadt, Befürworter*innen und Gegner*innen aus dem Quartier. Wir stiessen zum Prozess dazu, als die wichtigsten Weichen bereits gestellt waren: Die Standorte Cramerstrasse und Gartenhofstrasse waren entschieden und ebenso die Anforderung, dass eine ruhige Nutzung gewünscht sei und somit – aufgrund der Standorte direkt neben einem Nachtclub – keine fixen Sitzgelegenheiten montiert werden dürfen.
> Unsere Idee: Praktische Mitwirkung
Gemeinsam mit Bau-Teilen GmbH offerierten wir einen Partizipationsprozess, der auf den praktischen Einbezug der Quartierbevölkerung fokussierte. Interessierte sollen nicht nur ihre Bedürfnisse äussern können, sondern auf Wunsch auch die Gestaltung einzelner Elemente übernehmen und/oder beim Aufbau mitmachen können.
> Bedarfserhebung im Quartier: online Umfrage und Aktionstag
In einem ersten Schritt sollten die Bedürfnisse der am Dialog Beteiligten mit Stimmen aus dem ganzen Quartier ergänzt werden. Dazu erstellten wir eine online Umfrage auf «Mitwirken an Zürichs Zukunft», in der wir verschiedene Aspekte abfragten wie etwa die gewünschte Grundstimmung, aber auch konkret welche Infrastruktur gebraucht wird. An einem Aktionstag waren wir vor Ort präsent, um direkt das gemeinsame Bauen auszuprobieren. So konnten Interessierte an einem gemeinsamen Tavolata-Tisch mitbauen und am betreffenden Standort über ihre Vorstellungen und Bedürfnisse reden. Dabei wurden sowohl positive Erfahrungseffekte für unsere Auftraggeberin erzielt als auch erste konkrete Tests für die Quartierbevölkerung ermöglicht. Aus diesen vielfältigen Bedürfniserhebungen erstellten wir ein Umsetzungs-Konzept für die beiden Strassen.
> Gemeinsame Planung und Umsetzung: Begehungen und Bau-Workshops
Die konkrete Planung und partizipative Umsetzung lag bei Bau-Teilen GmbH. Dabei wurden Begehungen vor Ort realisiert und die Quartierbevölkerung wirkte in zahlreichen Bau-Workshops praktisch mit. So entstanden etwa Stühle mit Jugendlichen, ein Anwohner entwarf und baute zwei Info-Säulen, und eine Pétanque-Bahn wurde gemeinsam mit dem Quartier errichtet. Die zwei Strassenbemalungen wurden von Anwohner*innen gestaltet und vom Werkhof der Stadt Zürich aufgebracht.
> Evaluation
Das Tiefbauamt zieht für die Projektumsetzung an der Gartenhof- und Cramerstrasse eine positive Bilanz. Abschliessend waren wir beauftragt für die redaktionelle Erarbeitung des Schlussberichts.
> Schlussbericht
- «Brings uf d'Strass!» 2023 – Schlussberichthttps://ue01-cdn.ams3.cdn.digitaloceanspaces.com/downloads/BringsufdStrass-2023-Schlussbericht-Gebiet-Ankerstrasse.pdf
Was lern(t)en wir?
- Durch die praktische Partizipation konnten wir vertieft mit Anwohner*innen kooperieren und sie ihre Verbindung zum Ort stärken.
- Ein wertvoller Moment war für uns, als zwei Anwohner*innen sich wünschten, die Strassenbemalung selbst zu entwerfen. So entstand für Quartierbewohnende eine stärkere Identifikation mit dem Ort und dem Projekt, auch wenn (bzw. gerade weil) die zwei Bemalungen unterschiedlich aussahen.
- Die von einem Anwohner gestalteten Info-Säulen haben anders funktioniert als erwartet. Sie wurden innerhalb der eher kurzen Projektlaufzeit nicht als Infowand verwendet. Jedoch zeigte sich eine unerwartete Qualität: Indem sich die Holz-Säulen optisch klar von der üblichen Gestaltung des Strassenraums unterschieden, waren sie wichtige visuelle Markierungen und wurden oft in Gesprächen neugierig und positiv thematisiert. Damit entstand für die Anwohnenden eine neue Einladung, sich den Strassenraum durch eine spontane Quartiernutzung anzueignen.
- Durch die Partizipation vor Ort konnten wir Verbindungen zwischen der Stadt und dem Quartier unterstützen. Voraussetzung dafür war der klare Wunsch der Stadt, aktiver Teil des Dialogprozesses und auch vor Ort präsent zu sein.
- Die praktische Partizipation in Gestaltung und Aufbau der Elemente im Strassenraum ist ein eher selten umgesetztes Format, wofür es seitens der Auftraggeberin noch keine Standardprozesse gibt. Mit dem Pilotprojekt konnten wichtige Erfahrungen aufgebaut werden, um solche Formate in Zukunft wieder zu ermöglichen und weiter auszubauen. Wichtig bei der Implementierung von innovativen Prozessen wie diesem ist eine gewisse Offenheit und Flexibilität dem Vorgehen gegenüber sowie eine gute projektinterne Kommunikation sowie regelmässige Reflexion.
> Was hat sich daraus entwickelt?
Das Tiefbauamt evaluiert das dreijährige Pilotprojekt im Jahr 2024. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen in zukünftige Projekte einfliessen.